Technologie-Blog Lübeck, Folge 15: Sagt der eine Sensor zum anderen...

Sagt der eine Sensor zum anderen: „Wach auf, wir müssen arbeiten!“ Und schon schreckt der andere aus seinem Dämmerzustand hoch und kommuniziert für einige Millisekunden mit seinem anfragenden Kumpel im Drahtlos-Netzwerk, um die aktuell wichtigen Messdaten auszutauschen. Dann schläft er weiter – bis er ein paar Sekundenbruchteile später wieder kurz aufhorcht, ob da irgendein Netzwerk-Kumpel was mitzuteilen habe. Und so geht das den ganzen Tag, ja ganze Jahre weiter. Und wenn ihnen nicht der Batteriestrom ausgegangen ist – was praktisch nie passiert, weil ihr speziell programmierter Schlaf-Wach-Rhythmus kaum Energie verbraucht – so funken sie noch heute.

So „märchenhaft“ kann man es sich vorstellen, wenn Carsten Buschmanns „WSNs“ bei der Arbeit sind. Die drei großen Buchstaben stehen für „Wireless Sensor Networks“, also für Netzwerke von Sensoren, die eigentlich sehr kleine Computer-Module mit speziellen Funktionalitäten und mit eingebauter Drahtlos-Kommunikationsschnittstelle sind. Buschmann ist Geschäftsführer der coalesenses GmbH im Lübecker Hochschulstadtteil, die solche flexiblen, frei skalierbaren Sensor-Netz-Modulsysteme entwickelt und produziert.

Der 37-Jährige hat 2009 am Institut für Telematik der hiesigen Universität promoviert und sich dann als Uni-Ausgründer selbstständig gemacht. Heute sind bei Coalesenses fünf Mitarbeiter beschäftigt. „In Lübeck entwickeln wir für Kunden und testen neue Module. Produktion und Vertrieb finden über Partnerunternehmen in der ganzen Bundesrepublik statt“, erläutert der Informatiker sein Business-Konzept. Im Sommer dieses Jahres will das Lübecker Team so weit sein, dass für die meisten Sensor-Typen und Sensor-Schnittstellen auf dem Markt ein passendes Netzwerk-Modul von coalesenses in kürzester Zeit geliefert werden kann. „Unsere Module haben jetzt einen jahrelangen Testungsprozess hinter sich, jetzt ist die Hauptentwicklungsarbeit getan. Wir haben vier Hauptmodul-Typen mit jeweils mehreren Schnittstellen im Angebot, mit denen praktisch jeder Kunde sofort loslegen kann“, freut sich Buschmann.

Die teilweise nur zigarettenschachtelgroßen Produkte aus Lübeck sind bereits in Hunderter-Stückzahlen in verschiedenen Museen des Landes im Einsatz, wo sie automatisch und wartungsfrei insbesondere Temperatur- und Feuchtigkeit in den Räumen mit wertvollen Exponaten überwachen. Die Sensor-Daten werden von einem dafür zuständigen Modul über eine Intranet- oder Internetverbindung an ein Auswertungsportal  (im Web oder auf einem lokalen Computer) und an eine Speichereinheit geschickt, die beide zum Netzwerk-Produktsystem aus Lübeck dazu gehören.

Sensoren, die Brücken schlagen

Ein anderes Beispiel für den Einsatz solcher drahtloser Sensoren-Netzwerke ist aktuell im Kreis Segeberg zu besichtigen:  Im Rahmen eines Projektes für die Bundesanstalt für Straßenwesen testet die coalesenses GmbH mit Projektpartnern dort gerade das Potenzial der System-Module aus Lübeck für die Überwachung von Brücken: „Der Kunde misst mit unseren Modulen etwa Neigungsbewegungen des Materials und die Veränderung von Rissen. Wenn man solche automatischen Mess-Systeme dauerhaft montierte, ständen dem verantwortlichen Statik-Prüfer objektive Messdaten über längere Zeiträume zur Verfügung und er könnte entsprechend leichter entscheiden, wann was in der Brückenpflege zu tun ist.“ Ein so bekanntes Unglück wie der Einsturz des Daches der Eislaufhalle in Bad Reichenhall 2006 wäre mit einer einfachen Funk-Sensor-Überwachungsanlage im Wert von vielleicht 2000 Euro möglicherweise verhindert worden, meint der Vernetzungsprofi aus Lübeck. „Anwendungsgebiete für unsere Systeme sehen wir in den Bereichen Sicherheit, Bauwerksüberwachung, Energiemanagement, Prozesssteuerung und -überwachung.“

Weitere Infos auf der Website von Coalesenses (in englischer Sprache): www.coalesenses.com

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