Talking about Storytelling

In unserer geliebten kleinen Marketing-Welt ist es in den letzten Jahren zur Mode geworden, das Thema „Storytelling“ aufzugreifen, wenn es darum geht, angeblich „neue“ Kommunikationsformen an den Kunden zu bringen. Das Wort wird allerdings zumeist mehr nebulös geraunt als begrifflich bestimmt. Hier einige Hinweise zu einem sinnvollen Gebrauch.

Das Wort Story-Telling

Die Grundwortbedeutung: Eine Geschichte wird erzählt. Dies kann mündlich, schriftlich oder sonstwie medial geschehen. Zu einer Geschichte gehören Figuren und eine Handlung. Zum Erzählen gehören: jemand, der es tut, und jemand, der zuhört (oder auch zusieht). Schön ist, wenn’s spannend genug ist, um nicht abzuschalten.

Was Storytelling sicher nicht ist

Anders als in allerlei PR-Ratgebern modebewusst behauptet, „erzählt“ klassische PR (das heißt vor allem: Pressearbeit) von KMU in der Regel keine Geschichte. Im Backgrounder der Presseinformation von der „Mission Marktführerschaft“ zu schwafeln, ergibt noch lange keine Story. Ob ein Unternehmen überhaupt eine Figur, die in eine Handlung gerät, abgeben kann, wäre ohnehin grundsätzlich zu fragen. Traditionelle PR-Instrumente haben ja ihre Berechtigung und ihren Sinn. Da muss der alte Wein gar nicht in neuen Wort-Schläuchen verkauft werden. Besser einfach in der Realität am Image arbeiten...

Was so alles Storytelling genannt wird

Als „Story“ wird von Rat-Gebern manchmal schon der Wiederholungseffekt wiederkehrender Behauptungen in Werbung und PR bezeichnet. Wenn lange genug und oft genug auf allen Kanälen behauptet wird, dass Produkt XY sei das beste seiner Art, hat das Produkt in der Tat eine bestimmte Art von „Story“ gewonnen: Es ist der ewig das Gleiche stammelnde Held einer Scheingeschichte ohne Handlung und Spannung.

Andere verstehen unter Story-Telling alles, was damit zu tun hat, dass Menschen Geschichten von sich geben. Gemeint sind hier zunächst Anekdoten im sozialen Raum: „Mein Friseur hat mir erzählt...“, „Ich habe dies und das mit dem und dem erlebt...“

Diese Technik wird zum Beispiel in einer bestimmten Form der Mitarbeiterbefragung genutzt, um Hinweise auf die Unternehmenskultur zu bekommen. Menschen konkret zum Reden zu bringen (man sagt auch: sie erzählen zu lassen!), ist aber auch wesentliches Handwerkszeug im Journalismus. Im Marketing-/Werbungs- oder PR-Kontext entstehen dank dieser allgemeinen Klatsch-Interesse-Erfahrung von Menschen beispielsweise Testimonial-Spots (die Ariel-Clementine lebt!) oder aus realen Interviews erwachsende PR-Reportagen, in denen bestimmte Aspekte des Tuns eines Unternehmens (etwa das Kümmern um seine Kunden am konkreten Fall) für das Publikum erzählt und damit erlebbar gemacht werden.

Ein hintergründiges Spiel mit eigentlich unerzählten „Storys“ findet statt, wenn Marketing- oder andere Polit-Botschaften auf inneren Erzählungen von Menschen aufsetzen, die von aktuellen Diskurs-Kontexten gebildet sind, die in der ausdrücklich dargestellten „Story“ aber nur an-, nicht ausgespielt werden. in der viralen Welt insbesondere der sogenannten „Sozialen Medien“ wird diese Technik ständig verwendet, etwa wenn witzige Worte/Bilder oder auch zynische Anspielungen in den diskurstrainierten Gehirnen der User sofort ganze Geschehnis-Abläufe aus der aktuellen News- oder Fake-News-Welt auslösen. Welche „Story“ läuft in Ihnen ab, wenn ich hier mal einfach das Wort „Trump“ hinschreibe?

Was Storytelling eigentlich ist

In einem professionell bestimmten engeren Sinne fußt Storytelling auf dem Hollywood-Film-Trick der „Heldenreise“. Nach diesem Drehbuch-Modell braucht der Held eher zwei Krisen als eine und muss in einem Lernprozess diese überwinden, wobei ihm ein Helfer (Mentor) zur Seite steht. Das seit den 80er Jahren in verschiedenen Varianten ausgearbeitete Modell (mit sieben bis elf Phasen des Film-Ablaufs zum – mindestens relativ – guten Ende) nimmt den Zuschauer mit auf die Reise des Helden. Alles nicht neu, aber jetzt auch bewusst in der Business-Kommunikation eingesetzt.

In der Wirklichkeit der Unternehmenskommunikation setzt dieser Ansatz natürlich erst einmal voraus, dass es wirklich etwas zu erzählen gibt – kein Drehbuch ohne Stoff.

Das kann zunächst einmal das Unternehmen selbst betreffen, wenn in seiner Geschichte tatsächlich schon etwas passiert ist, insbesondere die eine oder andere Krise überwunden wurde (zum Beispiel Kriegszeiten überstanden wurden, aber wie? – Das ergibt schon eine Teil-Story...). Es kann aber auch Produktgeschichten geben, die das Zeug zur Erzählbarkeit haben. Beispiele: Ein bekanntes Waschpulver hält über alle Waschmittel-Lebenskrisen hinweg, was es verspricht. Oder die Zutat eines Lebensmittels hat schon eine eigene Heldenreise um die Welt hinter sich, wenn sie verarbeitet wird. Oder das Maschinenbau-Produkt wird als animierte 3D-Figur selbst zum Helden einer Problemlösungsreise in der Kundenfabrik.

Ein schönes Beispiel für vollintegrierte Story-Kommunikation stellen die nicht selten unstrategisch und unreflektiert eingesetzten, dennoch oft überzeugenden Menschen-Geschichten (PR-Reportagen) etwa in den Geschäftsberichten von Genossenschaften dar, die als Unternehmen von Mitgliedern sozusagen von Natur aus auf die erzählerische Verschränkung von Unternehmens- und „Kunden“-Welt angewiesen sind und eine eigene Tradition mit geschichtlichen Reibepunkten mitbringen. Aber auch wissenschaftliche und technologische Ideen, Produkte und Unternehmen können ins Erzählen kommen, zum Beispiel in PR-Blogbeiträgen, in denen von „heldenhaften“ Versuchen berichtet wird, „wie wir dem Roboter das Denken beibringen“ – oder so...

Neben diesen inhaltlichen Voraussetzungen gibt es für erfolgreiches Storytelling in der Unternehmenskommunikation aber auch noch einige organisatorische Notwendigkeiten. Damit die Story/s wahrgenommen wird/werden, sind mehrere „Touchpoints“ für die angesprochene „Zielgruppe“ herzustellen und mit ausreichendem Media-Einsatz (das heißt: Budget) zu bespielen. Eigene Medien wie Homepage und Mitarbeiter- beziehungsweise Kundenzeitschriften sind hier ohnehin Pflichtprogramm. Externe Medien-Arbeit von klassischer Zeitschriften-PR bis zur YouTube-Kampagne sollte bei der Storytelling-Planung und -Kreation frühzeitig berücksichtigt werden.

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